2. Oktober 2011

Sexualkunde: Dürrenmattsche Pointe

Die Post stoppte den Versand einer Petition gegen schulische Sexualaufklärung. Begründung: Die Bilder seien "anstössig" und "pornografisch". Voilà.
Ein Kommentar von Philipp Gut, Weltwoche.
Handfest: Aufklärung für Kinder ab 5 Jahren. Illustration: Christophe Vorlet
Es könnte eine Pointe von Dürrenmatt in seinen derberen Momenten sein. Doch geschrieben hat sie die Wirklichkeit. Die Schweizerische Post stoppte den Versand der "Petition gegen Sexualisierung der Volksschule", die das Elternkomitee Basel-Stadt lanciert hat. Begründung: Mehrere Abbildungen seien "pornografisch" und "anstössig". Bei den beanstandeten Bildern, die zur Stornierung der Auslieferung führten, handelt es sich nicht etwa um Sex-Seiten für Erwachsene. Die Darstellungen stammen aus der Fibel "Mein erstes Aufklärungsbuch - Aufklärung für Kinder ab 5". Das Werk wird bereits im Kindergarten eingesetzt - und von den verantwortlichen Behörden empfohlen.
Sieht man sich das "Aufklärungsbuch" genauer an, kann man die Post verstehen. Es gehört zur sogenannten Basler Sex-Box. Darin sind Materialien und Bücher versammelt, die dem Aufklärungsunterricht dienen sollen. Das Aufklärungsbuch für Knirpse "ab 5" enthält mehrere handfeste Abbildungen. Besonders expllizit ist eine Zeichnung, die ein nacktes Paar zeigt. Die Frau ("Lisa") zieht dem Mann ("Lars") ein Kondom über den erigierten Penis. Daneben steht der flapsig formulierte Satz: "Hier benutzen Lisa und Lars zum Beispiel ein Kondom." Dieses und ein weiteres Bild - es zeigt einen Jungen, der einem andern Jungen das Glied massiert - wies die Post zurück. Der Prospekt könne "in der vorliegenden Form" nicht entgegengenommen werden, heisst es in einem Schreiben des Post-Rechtsdienstes. Das Kondombild und die Darstellung der schwulen Jungen in Aktion müssten "verpixelt" werden.
Wer ist verantwortlich?
Die Posse wäre zum Lachen, wenn es nicht um Kinder ginge. Doch um sie geht es. Ab sofort kann niemand mehr sagen, die Eltern, die sich gegen die forcierte Sexualaufklärung wehren, seien einfach nur konservative Hinterwäldler.
Es stellt sich die Frage der Verantwortung. Hinter der fehlgeleiteten Sexualpädagogik steht der Bund (federführend ist die Sektion Aids im Bundesamt für Gesundheit). Hinter ihr stehen die Kantone und die Erziehungsdirektorenkonferenz. Hinter ihr stehen die Macher des "Lehrplans 21". Und hinter ihr steht nicht zuletzt das Kompetenzzentrum Sexualpädagogik und Schule, das der Pädagogischen Hochschule Zentralschweiz angegliedert ist und vom Bund mit Millionen gefördert wird. Der Apparat wird den Irrlauf nicht von selber stoppen. Das kann höchstens die Bevölkerung. Beispielsweise, indem sie die Petition unterschreibt, deren Unterschriftenbogen die Post auf den Index gesetzt hat.
Kommentar von Philipp Gut in der Weltwoche 39/2011 

1 Kommentar:

  1. Der LCH-Zentralpräsident Beat Zemp nimmt das Problem weiterhin nicht zur Kenntnis. An einer Veranstaltung von letzter Woche verkündete er, Sexualunterricht finde weiterhin erst an der Oberstufe statt.
    Der LCH schiesst weiterhin scharf gegen die Petition. Auf Tauchstation ist hingegen das federführende Kompetenzzentrum an der PHZ. Wieso legt es die entsprechenden Dokumente nicht endlich auf den Tisch, damit das Rätselraten ein Ende hat?

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