Statt Dutzende Stuhlreihen im grossen Kreuz-Saal reichten
ein paar Holztische im Freien: Nur ein Dutzend Leute wollte Regierungsrat
Stefan Köllikers Ausführungen zum Harmos-Konkordat hören.
Der St. Galler Erziehungschef Kölliker setzt sich für den Verbleib bei Harmos ein, Bild: Keystone
Köllikers Loblied auf die Schule verhallt fast ungehört, Zürichsee Zeitung, 27.8. von Elvira Jäger
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Es hätte ein gigantischer Flop werden können: Da laden sämtliche
Ortsparteien zu einem Informationsanlass mit dem Bildungsdirektor in den
Stadtsaal ein – und dann bleiben die Vorstandsmitglieder und die
Pressevertreter unter sich. Draussen fahren sie auf Velos der Jona
entlang, die Väter und Mütter mit ihren Kindern. Für die Zukunft der Schule,
für die Frage, ob St. Gallen aus dem Harmos-Konkordat austreten soll,
interessieren sie sich an diesem Spätsommerabend offensichtlich kein bisschen.
Doch Regierungsrat Stefan Kölliker (SVP) und Stadtrat Thomas Rüegg (FDP)
lassen sich nicht verdriessen. Kurzerhand verlegen sie
die Informationsveranstaltung auf die Terrasse, wo sich die Runde an
Holztischen unter einem Sonnenschirm wiederfindet. Kölliker hält seine
vorbereitete Rede im lockeren Rahmen, die Hälfte des anderthalbstündigen
Abends ist für Fragen und Diskussionen reserviert.
Vom Gegner zum
Befürworter
Gekommen ist der Bildungsdirektor, um über die Initiative des
Vereins Starke Volksschule zu sprechen, die einen Austritt aus dem
Harmos-Konkordat fordert. Dass Kölliker das Begehren vehement ablehnt, ist
nicht ganz selbstverständlich. Das Konkordat, das für Durchlässigkeit im föderalistischen
Schweizer Schulsystem sorgt und die Mobilität von Familien und
Lehrpersonen erleichtern will, sei eine gute Sache, findet Kölliker heute. Er
verhehlt jedoch nicht, dass er vor acht Jahren, als es um den St. Galler
Beitritt zu Harmos ging, noch dagegen war. Die Bestimmungen zu Tagesstrukturen
und Blockzeiten hätten in seinen Augen damals das Fuder überladen, sagt er.
Doch St. Gallen habe das Ganze pragmatisch umgesetzt. «Mein Vorgänger
Hans-Ulrich Stöckling hat gute Arbeit geleistet.» Mit seinem Nein zur Initiative
setzt sich Kölliker auch von seiner Partei ab, hat die SVP-Fraktion doch
2014 eine Motion ins Kantonsparlament eingebracht, in der sie den Austritt aus
Harmos forderte. Er werde nächste Woche an der Delegiertenversammlung einen
Auftritt haben, verrät Kölliker. «Lassen wir mal offen, wie die Partei
entscheiden wird.» Regierung und Kantonsrat lehnen den Austritt ab.
Kölliker wirft den Initianten vor, dass sie den Kampf gegen
das Harmos-Konkordat missbrauchen, um die St. Galler Volksschule permanent
schlechtzureden. «Sie wollen das Rad zurückdrehen, dabei haben wir eine ausgezeichnete
Volksschule.» Bei einem Ja zur Initiative befürchtet Kölliker weitere
Angriffe, vor allem in der Fremdsprachenfrage. Erklärtes Ziel der
Harmos-Gegner ist es, den Französischunterricht aus der Primarschule zu
verbannen und den Lehrplan 21 zu verhindern. Dabei, so sagt Kölliker, gebe
es in St. Gallen – anders als in anderen Kantonen – mit all dem gar keine
Probleme. So seien 80 Prozent der Kinder im Französischunterricht gut
unterwegs. Und die Lehrpersonen seien geradezu begeistert vom neuen Lehrplan,
das spüre er in den Einführungsveranstaltungen immer wieder.
«Unsere Schule ist
lässig»
Der SVP-Regierungsrat hält die Initiative für gefährlich, weil
sie ein austariertes System zum Einsturz bringen könnte. Ein Harmos-Austritt
lade den Bund geradezu ein, seine Drohung wahr zu machen, in wichtigen
Bildungsfragen künftig das Heft vermehrt in die eigenen Hände zu nehmen und den
Kantonen Vorschriften zu machen. Solche aber braucht St. Gallen nicht, wenn es
nach Kölliker geht. Der Kanton sei im Bildungswesen mit an der Spitze, sagt er.
Das zeigten Leistungsvergleiche auf allen Schulstufen. Zu guter Letzt führte
der Regierungsrat seine drei schulpflichtigen Kinder als Zeugen an. Als er
denen erzählt habe, dass es Leute gebe, welche die Schule schlecht fänden,
hätten sie unisono geantwortet: «Papi, geh zu diesen Leuten und sag denen,
unsere Schule sei super und lässig.»
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