Seit sechs Jahren politisiert Hanspeter Weibel (SVP) im Baselbieter
Landrat. Von Anfang an habe ihn gestört, dass es Parlamentarier gebe, die
mitdiskutieren, abstimmen und gleichzeitig von einem Entscheid des Landrats
betroffen seien. Aufgefallen sei ihm dies bei der milliardenteuren Sanierung
der kantonalen Pensionskasse. «Da hat die Hälfte des Landrats über die
Leistungen der eigenen Pensionskasse oder jener eines Familienmitglieds
abgestimmt. Ich finde: Eine solche direkte Betroffenheit stellt ein Problem
dar.»
Sollen Baselbieter Lehrer politisieren dürfen? SRF Regional, 23.8. von Patrick Künzle
Um zu vermeiden, dass Direktbetroffene im Landrat abstimmen, fordern
daher nun SVP und FDP mit einem Vorstoss, dass alle Kantonsangestellte, vor
allem auch Lehrerinnen und Lehrer, nicht mehr ins Parlament gewählt werden
dürfen.
Vorstoss richtet sich gegen Wirtschaftskammer-Chef
Aber nicht nur von rechts kommt eine Forderung nach einem Polit-Verbot,
auch die Linken haben ähnliche Pläne. Im Visier haben sie Wirtschaftsvertreter:
Landräte, die in Verwaltungsräten sitzen und mit ihrem Firmen Staatsaufträge
erhalten.
Konkret zielen die Linken auf Christoph Buser, den Direktor der
Wirtschaftskammer. SP-Präsident Adil Koller begründet: «Der Direktor der
Wirtschaftskammer sitzt im Verwaltungsrat einer grossen Baufirma, die jedes
Jahr lukrative Staatsaufträge erhält. Er profitiert direkt von Entscheiden des
Parlaments.» Daher fordert die SP ein Polit-Verbot für Empfänger von
Staatsaufträgen.
Einzelne Kantone kennen solche
Unvereinbarkeitsklauseln
Solche Unvereinbarkeitsklauseln von Beruf und politischem Amt sind nichts
Neues. Es gibt sie im Baselbiet beispielsweise für Richter. Sie müssen auf
politische Ämter verzichten, um die Gewaltentrennung einzuhalten. Und einzelne
Kantone wie Thurgau verbieten bereits heute Staatsangestellten das Politisieren
im Kantonsparlament.
Derart weit gehende Klauseln, wie sie nun gefordert werden, seien
rechtlich zulässig, sagt denn auch Benjamin Schindler, Professor für
öffentliches Recht an der Universität St. Gallen. Er selber finde sie aber
problematisch. «Solche Vorschriften würden sehr viele Personen umfassen, die
ihr passives Wahlrecht nicht mehr ausüben könnten.»
Polit-Verbot für mehr als 5000
Menschen
Im Kanton Baselland wären mehr als 5000 Beamte und Lehrer betroffen.
Wieviele Unternehmer es treffen würde, lässt sich nicht sagen. Derart grosse
Bevölkerungsgruppen auszuschliessen, widerspreche der Idee der direkten
Demokratie, sagt Staatsrechtler Schindler. «Ein Grundgedanke der direkten
Demokratie ist, dass jene Menschen Entscheide treffen sollen, die davon
betroffen sind.»
Vielleicht steckt hinten Vorstössen im Baselbiet aber ohnehin auch noch
etwas anderes als die reine Sorge um den Parlamentsbetrieb. Die Linken wollen
mit ihrem Vorstoss Wirtschaftsvertreter aus dem Parlament werfen, die
traditionell bei den Bürgerlichen politisieren. Und SVP und FDP zielen auf die
Lehrer, die vornehmlich bei den Linken anzutreffen sind. Die
Unvereinbarkeitsklauseln könnten also auch dazu dienen, den politischen Gegner
zu schwächen.
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