21. August 2016

Pulver will nicht

Bernhard Pulver als Präsident der Schweizerischen Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK), der alle kantonalen Bildungsdirektoren angehören: In der Westschweiz würde man dies gerne sehen. Im Sprachenstreit mit den Ostschweizer Kantonen um den Französischunterricht erhofft man sich vom kommunikativen Regierungsrat aus dem bilinguen Kanton Bern den nötigen Support. Im Frühsommer wurde Pulver aus der Westschweiz angefragt. Nun hat er sich entschieden. Anders entschieden. Der grüne Berner Regierungsrat stellt sich bei den Ersatzwahlen im Oktober nicht zur Verfügung, wie er gegenüber dem «Bund» sagt.
Tritt Pulver 2018 zurück? Bild: Bund
Pulver will nicht auf die nationale Bühne, Bund, 21.8. von Basil Weingartner

Er habe sich den Entscheid reiflich überlegt – denn die Aufgabe habe ihn «gereizt». Doch fehle ihm schlicht die Zeit für das zusätzliche und «belastende» Amt. Um die rund dreissig Stellenprozent bei der EDK übernehmen zu können, hätte er seine Qualitätsansprüche an seine Arbeit als Regierungsrat senken müssen, ist der 51-Jährige überzeugt. Auch persönlich wäre das zusätzliche Amt eine Belastung geworden, zumal er im kommenden Jahr das Berner Regierungspräsidium übernehmen wird.

Mit Pulvers Regierungspräsidium endet im Sommer 2018 auch seine dritte Legislatur in der Regierung. Es wäre der perfekte Zeitpunkt für einen Rücktritt. Spielte dies beim Verzicht auf die Kandidatur fürs EDK-Präsidium eine Rolle? Schliesslich hätte er bei einem Rücktritt aus der Regierung das Amt an der Spitze der EDK nach nur 18 Monaten schon wieder abgeben müssen. Pulver dementiert. Zum einen seien in der EDK kürzere Amtszeiten durchaus üblich. Zum anderen sei «noch offen», ob er eine weitere Legislatur in der Berner Regierung anhängen werde, sagt Pulver. Er wolle sich im kommenden Jahr entscheiden.

Bürgerliche konkurrenzlos
Zurzeit bereitet ihm sein Amt aber offenbar noch so viel Freude, dass ihn das EDK-Amt letztlich wohl doch nicht so «gereizt» hat. «Was ich dort haben könnte, habe ich jetzt schon jeden Tag», sagt Pulver. Als Regierungsrat sei er operativ aber viel handlungsfähiger als in der EDK. Bei dieser entscheidet stets das Gremium, das wiederum auf die Befindlichkeiten und politischen Entscheide in den einzelnen Kantonen Rücksicht nehmen muss. Der EDK-Präsident kann aber über das Agendasetting und über Medienauftritte Entscheide beeinflussen. «Als Erziehungsdirektor eines der grössten Kantone wird meine Meinung auch so gehört», sagt Pulver.

Die Kantone sind derzeit gefordert: Weil sie es bisher nicht schafften, eine 2004 beschlossene Harmonisierung beim Fremdsprachenunterricht umzusetzen, schaltete sich zuletzt der Bundesrat ein. Er droht den abtrünnigen Deutschschweizer Kantonen mit einem Eingriff in die Kantonsautonomie. Aufgrund des beschränkten Einflusses des EDK-Präsidiums glaubt Pulver aber nicht, dass sein Verzicht politische Auswirkungen haben wird.
Nach Pulvers Nein weibeln derzeit drei Kandidaten um das EDK-Präsidium. Es sind allesamt bürgerliche Kandidaten aus der Deutschschweiz. Der national Bekannteste ist der Schaffhauser Christian Amsler (FDP). Der 53-Jährige war früher Prorektor der Pädagogischen Hochschule Schaffhausen und amtiert bereits als Präsident der Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz. In dieser Funktion war er eine der Triebfedern bei der Umsetzung des Lehrplans 21. Auch die Zürcherin Silvia Steiner und der Luzerner Reto Wyss (beide CVP) sind im inoffiziellen Rennen dabei. Die Kandidatenliste ist nicht öffentlich. So ist derzeit auch noch unklar, ob die welschen Kantone als Ersatz für Pulver bereits einen neuen Kandidaten nominiert haben.


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