Wie ein Lauffeuer ging
die Nachricht am Dienstag durchs Dorf: Zumikon kehrt aufs nächste Schuljahr zu
Jahrgangsklassen zurück. Dass Viertklässler in ein und derselben Schulstunde
Englisch lernen, während ihre ein und zwei Jahre älteren Klassenkameraden sich
Mathematikaufgaben widmen, wird dann der Vergangenheit angehören.
Mit
diesem Beispiel illustriert Schulleiter Philipp Apafi, warum das Lernen in
altersdurchmischten Klassen eine komplexe Angelegenheit ist. Eine allzu
komplexe, wie der Entscheid der Schulpflege nahelegt. Apafi formuliert es so:
«Im Stundenplan müssen wir heute viele Kompromisse eingehen. Auf die Frage, ob
sich das lohnt, ist meine Antwort klar Nein.» Dem Zumiker Schulleiter, seit
17 Monaten im Amt, ist etwas anderes wichtiger: dass eine starke
Lehrer-Kind-Beziehung im Zentrum allen Lernens steht. Das sei im
altersdurchmischten Lernen (AdL) mit seinem hohen Organisationsbedarf und dem
offenen Unterricht jedoch nur bedingt der Fall. «Das heisst auch, dass einige
Lehrpersonen im Team ihre Stärken heute nicht ausleben können», sagt Apafi.
«Viele haben zu beissen»
Was
der Schulleiter indes in Kauf nehmen muss: dass andere Mitglieder seines Teams
sich aus Zumikon verabschieden. Denn die Mehrheit der Lehrerinnen und Lehrer
arbeitet gemäss einer internen Umfrage gerne mit dem Modell AdL. «An dem
Entscheid, wieder auf Jahrgangsklassen umzustellen, haben viele zu beissen»,
sagt Apafi.
Gleichwohl
war man sich offenbar in der Lehrerschaft grösstenteils einig, dass AdL nicht
das passende Modell für dieses Dorf ist. Hier kam ins Spiel, was Apafi den «Faktor
Zumikon» nennt: «Von der Bevölkerung brauchen wir Kooperation und Vertrauen,
und das haben wir derzeit nicht.» In der jüngsten Evaluation durch die
kantonale Fachstelle sei die Elternzufriedenheit nicht gestiegen. Und auch was
die Beziehungen der Kinder untereinander angeht, erreichte Zumikon keine guten
Werte. Trotzdem will Apafi die Abkehr vom AdL nicht als Fehlerkorrektur
verstanden wissen: «Was wir machen, ist eine Entwicklung – und zwar indem wir
die Lehrpersonen stärken.»
Ganz
vom Tisch sind Klassen mit mehreren Jahrgängen allerdings nicht. Denn auch
künftig wird es an der Primarschule Zumikon sieben Unterstufen- und sieben
Mittelstufenklassen geben. Damit es mit den Schülerzahlen aufgeht, wird je eine
davon gemischt geführt – dann aber nicht mehr unter dem Programm
«Altersdurchmischtes Lernen».
Neuer Wirbel befürchtet
Skeptisch
äussert sich Corinne Lüthy-Bienz, die Präsidentin des Elterngremiums der Schule
Zumikon. Zwar teilt sie die Meinung des Schulleiters, dass nicht die
Organisationsform, sondern primär die Lehrer-Schüler-Beziehung für die
Lernqualität entscheidend sei. Persönlich erachtet Lüthy-Bienz aber den
Zeitpunkt des Entscheides als unglücklich: «Von den Eltern spüren wir
zunehmend, dass sich die Situation beruhigt und das Vertrauen in die Schule
grösser wird. Eine Umstellung bringt wieder viel Wirbel und Unruhe.» Sie
wünsche sich für die Schule Zumikon, dass diese endlich zur Ruhe kommen dürfe.
Glücklich
ist hingegen das im Sommer 2014 gegründete Komitee für Jahrgangsklassen. Man
nehme die «überraschende und energische Kehrtwendung» mit grosser Freude auf,
heisst es in einer Mitteilung. Vor zwei Jahren hatte die Gruppe eine Petition zur
Abschaffung des AdL lanciert, die von über 1000 Zumikerinnen und Zumikern
unterzeichnet wurde. «Nun ist das ursprüngliche Ziel der Petition plötzlich in
greifbare Nähe gerückt», schreibt das Komitee.
Dessen
Mitglied Beat Schütz lobt auf Anfrage die klare Entscheidung und Kommunikation
der Schulpflege. Er selber hatte vor ein paar Jahren seinen Sohn aus dem AdL in
eine Privatschule versetzt. Die Art und Weise, mit der an der Schule Zumikon
das altersdurchmischte Lernen verteidigt wurde, empfand Schütz als doktrinär:
«Auf die Frage, warum AdL die richtige Unterrichtsform sein soll, bekamen wir
lange keine Antwort.» Erst mit dem Wechsel der Schulleitung im Frühjahr 2015
sei frischer Wind in die Diskussion gekommen. In letzter Zeit habe das Komitee
den Dialog mit der Schule als konstruktiv erlebt, sagt Schütz.
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