28. September 2016

Baselbieter Lehrerverein startet zwei Initiativen

Die Initiativen zur Bildungs­finanzierung und zur Bildungsqualität kommen nicht aus den Startlöchern. Beschlossen wurde deren Lancierung vor über sechs Monaten von den Delegierten des Lehrerinnen- und Lehrervereins Baselland (LVB). In Kürze dürfte nun aber die Unterschriftensammlung beginnen. Die beiden Begehren befinden sich nun endlich zur Vorprüfung bei der Landeskanzlei, wie Regierungssprecher Nic Kaufmann bestätigte. Doch es zeichnet sich ab, dass die Diskussionen um die Rechtsgültigkeit einer der beiden Initiativen auch dann nicht abbrechen, wenn die Unterschriftensammlung endlich gestartet wird.
Lehrerverein startet Volksbegehren zur Bildungsfinanzierung und zur Bildungsqualität, Basler Zeitung, 28.9. von Thomas Dähler


Der Initiativtext wurde inzwischen leicht angepasst, wie Geschäftsführer Michael Weiss der BaZ bestätigte. Doch die Vorbehalte sind damit nicht alle ausgeräumt. Nach wie vor riskiert der LVB, dass eine der beiden Initiativen dereinst vom Landrat für ungültig erklärt wird.
Mit der Initiative zur Bildungsfinanzierung möchte der LVB, dass künftige Sparrunden im Bildungsbereich nur noch diejenigen Bildungsstufen betreffen, die zuvor auch die Mehrkosten verursacht haben. Die Initiative richtet sich gegen die Staatsverträge über die Universität Basel, über die Fachhochschule Nordwestschweiz oder über das Frühfremdsprachen-Projekt Passepartout und ist rechtlich weniger problematisch.
Wesentlich heikler ist die zweite Initiative, mit welcher der LVB die seiner Ansicht nach wichtigen Rahmenbedingungen der Volksschule mit einer Beschneidung der Landratskompetenzen schützen will. Höhere Hürden für das Parlament sollen künftig für Entscheide zu den Klassengrössen, zu den Kosten des Schulbetriebs, zu den handwerklichen, gestalterischen und musischen Fächern im Stundenplan sowie zur Vorbereitungszeit der Lehrer eingeführt werden.
Zweidrittel-Mehr umstritten
Behoben wurde inzwischen im Initiativtext die unzulässige Vermischung von Regierungs- und Landratskompetenzen. Doch umstritten bleibt, dass vorgesehen wird, Landratsentscheide zu bestimmten Bereichen der Bildung nur zuzulassen, wenn zwei Drittel des Parlaments dafür stimmen. Es ist fraglich, ob dies gemäss Baselbieter Verfassung zulässig ist. Paragraf 63 der Kantonsverfassung enthält nämlich nur eine einzige Ausnahme, bei der ein einfaches Mehr im Landrat nicht ausreicht: «Gesetze, deren Inkrafttreten keinen Aufschub erträgt, können ausnahmsweise sofort in Kraft gesetzt werden, wenn es der Landrat mit der Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitgliedern beschliesst.»

Damit stellt sich die Frage, ob es ausreichend ist, eine weitere Ausnahme nur im Bildungsgesetz und nicht auch in der Verfassung zu ändern. Die Initianten sind überzeugt, dass eine Änderung des Bildungsgesetzes genügt. «Paragraf 63 der Kantonsverfassung besagt nicht, dass das Quorum von zwei Dritteln den Beschlüssen zu Gesetzen vorbehalten ist, die sofort in Kraft treten», verteidigt Weiss die Beschränkung auf eine Gesetzesinitiative. Aus der Ausnahmebestimmung «auf das Umgekehrte zu schliessen, ist unserer Ansicht nach genauso unzulässig, wie wenn man aus der Tatsache, dass alle Vögel zwei Beine haben, schliessen würde, dass alle Zweibeiner Vögel sind».
Rechtliche Fragen stellen sich auch bei den Kosten des Schulbetriebs. Die Initiative will im Bildungsgesetz verankern, dass Kosten des Schulbetriebs über Zusatzangebote hinaus mit einem Zweidrittel-Mehr auf die Erziehungs­berechtigten übertragen werden können. Dem steht jedoch entgegen, dass gemäss Bundesverfassung der Grundschulunterricht «unentgeltlich» ist.
Tablets selber bezahlen?
Geschäftsführer Weiss argumentiert, dass der Unterricht selbst zwar unentgeltlich sei, aber «die Schulausrüstung – Schulsack, Schreibzeug, Taschenrechner usw. – heute schon den Eltern belastet wird». Diese Lücke in der Verfassung wolle der LVB mit der Initiative schliessen – und vorsorgen, dass in Zukunft zum Beispiel nicht auch noch Tablets selber bezahlt werden müssen. «Teilweise wird sogar Bastelmaterial über die Klassenkasse finanziert, in welche die Eltern Beiträge einzahlen müssen», kritisiert Weiss die heutige Praxis.


Der LVB ist überzeugt, dass die rechtlichen Bedenken gegen die Initiativen unbegründet sind. Er habe dies von einem renommierten Juristen untersuchen lassen, erklärt Weiss der BaZ. Definitiv darüber entschieden wird erst, wenn die Initiative zustande gekommen ist. Dann wird sich der Landrat Gedanken zur Gültigkeit machen müssen.

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