28. November 2016

Unerwartet wuchtige Ablehnung der Lehrplan-Initiativen

Ein weiteres Mal haben die Gegner des Lehrplans 21 mit ihren Initiativen Niederlagen eingefahren. Im Thurgau wie in Schaffhausen verlangten sie, dass der Lehrplan jeweils dem Volk vorgelegt werde. Dieses aber will davon nichts wissen.
Ohrfeigen für Lehrplan-Gegner, NZZ, 28.11. von Jörg Krummenacher


Im Thurgau kam die Initiative unter dem wenig konkreten Titel «Ja zu einer guten Thurgauer Volksschule» zur Abstimmung, im Kanton Schaffhausen war die Absicht gleich im Titel «Ja zu Lehrpläne vors Volk» evident. Unabhängig davon fiel das Ergebnis aus: Im Thurgau wurde das Anliegen mit einem Nein-Anteil von 75,3 Prozent verworfen, in Schaffhausen etwas weniger deutlich mit 68,5 Prozent Nein-Stimmen. In beiden Kantonen erreichte die Initiative in keiner einzigen Gemeinde eine zustimmende Mehrheit.
Zunehmende Ablehnung
Dass die ablehnenden Mehrheiten derart wuchtig ausfallen würden, konnte nicht erwartet werden: Zu kontrovers und emotional verliefen die Diskussionen im Vorfeld. Doch ganz offensichtlich zeigt das Stimmvolk wenig Lust, über knapp 500 Seiten dicke Lehrpläne entscheiden zu dürfen oder zu müssen.
Damit ist es den Initianten weiterhin in keinem Kanton gelungen, den Lehrplan der Kompetenz der Erziehungsbehörden zu entziehen. In Schaffhausen stand die SVP an der Spitze des Initiativkomitees, im Thurgau war es eine Allianz aus Lehrern, Eltern und Vertretern mehrerer Parteien. Die Ablehnung ihrer Initiativen fiel markant deutlicher aus als noch im vergangenen Juni in Basel-Landschaft: Damals stimmte eine relativ knappe Nein-Mehrheit von 52,7 Prozent dagegen. Appenzell Innerrhoden und St. Gallen lehnten ähnliche Initiativen deutlicher ab. Das Thurgauer Resultat stellt für die Initianten aber die bisher heftigste Ohrfeige dar. Noch nie war der Nein-Anteil derart hoch.
Mit oder ohne Frühfranzösisch
Der Thurgau ist zudem jener Kanton, der den Bundesrat mit seiner Fremdsprachenpolitik herausfordert. Das Kantonsparlament sprach sich dafür aus, den Französischunterricht von der Primarstufe in die Sekundarschule zu verschieben. Den abschliessenden Entscheid dazu muss das Parlament aber erst noch fällen.
Der Lehrplan 21 wird im Thurgau ungeachtet des Französisch-Entscheids auf das nächste Schuljahr eingeführt. Wie bis anhin bleibt der Regierungsrat für den Erlass der Lehrpläne und Stundentafeln der Volksschule zuständig. Auf die von den Initianten verlangte Erarbeitung von Jahrgangszielen wird verzichtet. Im Kanton Schaffhausen folgt die Einführung auf das Schuljahr 2018/19. Hier hatten die Initianten explizit auf die Abschaffung von Frühfranzösisch gezielt.

Das klare Verdikt dieses Wochenendes muss den Lehrplan-Gegnern mit Blick auf kommende Abstimmungen in anderen Kantonen zu denken geben. Der nächste Volksentscheid zu einer Lehrplan-Initiative steht im Februar im Aargau an.

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