Die Baselbieter Privatschulen wappnen sich für den Abstimmungskampf. Im
Herbst werden die Baselbieter Stimmberechtigten entscheiden müssen, ob Eltern,
die ihre Kinder in eine Privatschule schicken, pro Kind weiterhin einen
jährlichen Unterstützungsbeitrag von 2500 Franken erhalten sollen. Die Mehrheit
der Landräte haben sich für die Streichung entschieden, doch hat eine
Minderheit durchgesetzt, dass das Volk das letzte Wort hat. Gemäss der Vorlage
sollen künftig nur noch wenige einen Unterstützungsbeitrag erhalten. Die vom
Landrat verabschiedete Härteklausel will die Regierung so handhaben, dass
Familien, die Kinder in eine Privatschule schicken, dann Anrecht auf einen
Unterstützungsbeitrag von maximal 2500 Franken pro Kind und Jahr haben, wenn
sie auch Anrecht auf ein Stipendium für eine Berufsbildung hätten.
Ein Herz für Kinder, denen die Staatsschule nicht gerecht wird, Basler Zeitung, 24.4. von Thomas Dähler
«Das wären bei uns nur ganz wenige, denn diese Hürde ist sehr hoch»,
sagt Matthias Held, Co-Leiter der Schule für Offenes Lernen in Liestal. Ein
Blick auf die öffentlich zugängliche Jahresrechnung der Schule zeigt, dass sie
den Ausfall der Elternbeiträge nicht ohne Weiteres verkraften kann. Denn die
finanziellen Mittel, über welche die Schule verfügt, sind äusserst knapp. Held
räumt zwar ein, dass dies nicht bei allen Privatschulen so ist. «Einige aber
werden sich nach der Decke strecken müssen.» Dazu gehört sicher die Schule für
Offenes Lernen (SOL). «Die Mittel werden für uns sehr knapp», sagt Held.
Zwölf Vollstellen gibt es bei der SOL in Liestal, wenn auch jene
mitgerechnet werden, die nicht direkt zum Schulunterricht gehören. Unterrichtet
werden 60 Kinder und Jugendliche, darun- ter viele, deren Eltern keinen
kosten- deckenden Beitrag bezahlen. Auf 1,9 Millionen Franken belief sich der
Nettoerlös im vergangenen Schuljahr. Der Schule würden gemäss Berechnungen der
BaZ bei einem Ja zur Sparmassnahme etwa 100'000 Franken an Schulgeldern
entgehen. In der Rechnung des letzten Jahres hätte dies die Schule den ganzen
Jahresgewinn gekostet.
Dennoch betont Held, dass die Schule deswegen zwar sparen müsste, in
ihrer Existenz aber nicht bedroht wäre. «Wir müssten schauen, wie viele Schüler
wir noch ohne kostendeckende Beiträge aufnehmen könnten», sagt Held.
Interessenten gebe es stets mehr, als die Schule berücksichtigen könne. Aber
auch finanzielle Kriterien seien mitentscheidend, wenn entschieden werde, wer
in die Schule aufgenommen werde. Held stellt deshalb eine grundsätzlichere
Frage: «Wie stark ist der Kanton Baselland überhaupt noch daran interessiert,
den Schülern und Jugendlichen einen Zugang zu alternativen Schulen zu
ermöglichen?» Der Entscheid des Landrats sei deshalb ein schlechtes Signal.
Privatschulen als Alternative würden zwar nicht infrage gestellt, doch die
Mittel würden ihnen dennoch vorbehalten. In der Vorlage sei ausschliesslich von
den Staatsfinanzen die Rede, heisst es im Jahresbericht der SOL. «Auf die
Auswirkungen der Sparmassnahme auf betroffene Kinder oder Jugendliche und deren
Bedürfnisse wird nicht eingegangen.»
Wenn die Staatsschule versagt
Zentral ist – so geht es aus dem Jahresbericht und der Homepage der SOL
hervor –, dass für viele Eltern nicht persönliche Gründe ausschlaggebend sind,
wenn sie Kindern den Besuch einer Privatschule bezahlen. Meistens ist es die
Erfahrung, dass die staatliche Schule den Bedürfnissen eines Kindes nicht
gerecht werden kann.
Betroffen sind Kinder, die unter Mobbing leiden, mit körperlichen oder
psychischen Symptomen auf den Leistungsdruck oder die Selektion reagieren oder
Bedürfnisse haben, auf welche die Regelschule aus Zeitgründen nicht eingehen
kann. Auch für Kinder, die unter einem Asperger Syndrom oder unter der Diagnose
ADHS leiden, ist die SOL oft eine gute Alternative, denn sie können damit vor
dem Konsum von Psychostimulanzien bewahrt werden. «Alles, was man macht, ist
eine gewonnene Zeit», erinnert sich eine im Jahresbericht zitierte ehemalige Schülerin,
die heute an der Universität Jus studiert.
Jetzt rüstet sich die SOL für den Abstimmungskampf und warnt davor, dass
«Alternativschulen aushungern». Es gehe um Fairness gegenüber betroffenen
Eltern, um das Recht von Kindern auf pädagogische Alternativen. Und auch um die
gefährdeten Innovationsimpulse für die öffentlichen Schulen.
LESERBRIEF an die BaZ
AntwortenLöschenLehrplan 21 macht Staatsschule zur SOL-Schule
Wenn der Lehrplan 21 gemäss den „Grundlagen für den Lehrplan 21“ mit der „Kompetenzorientierung“ nach Weinert/OECD umgesetzt wird, braucht es keine Privatschulen für „Offenes Lernen“ (SOL) mehr. Mit dem Lehrplan 21 werden alle Schulhäuser der Staatsschule (ehemals Volksschule) zu SOL-Schulen umfunktioniert. Die „Kompetenzorientierung“ bedeutet auf der Unterrichtsebene das „selbstgesteuerte“ oder „selbstorganisierte“ (SOL) Lernen und so wird es seit längerer Zeit an den Pädagogischen Hochschulen im Hinblick auf die Einführung des Lehrplans 21 gelehrt. Wenn die Staatsschule überall SOL anbietet, ist es nur logisch, dass der Steuerzahler keine SOL-Privatschulen mehr unterstützen will, weil Eltern, die Fans der SOL-Schule sind, ihre Kinder mit dem Lehrplan 21 gratis in die SOL-Staatsschule schicken können. Privatschulen braucht es dann nur noch für Eltern, die ihre Kinder nach dem bewährten Klassenunterricht von Lehrern (nicht „Lernbegleitern“) unterrichtet haben möchten.