15. August 2017

Aargauer Regierungsrat gegen Master für Kindergärtnerinnen

Der Aargauer Regierungsrat lehnt den Masterabschluss für Kindergarten- und Primarlehrer ab. Nach seiner Ansicht ist eine Verlängerung der Ausbildungszeit nicht ausschlaggebend, um den Anforderungen des Lehrerberufs gewachsen zu sein. Vielmehr bräuchten die Lehrer attraktive Weiterbildungsmöglichkeiten.
Masterabschluss für Kindergarten- und Primarlehrer? Pro Student 42'150 Franken teurer


Bisher dauert die Ausbildung für Lehrpersonen an der Kindergarten- und Primarschule in der Regel drei Jahre und endet mit einem Abschluss auf Bachelorstufe. Doch das soll sich nun ändern. Zumindest, wenn es nach den Rektoren der Pädagogischen Hochschulen geht. Denn die verlangen in einem Strategiepapier, dass der bisherige Bachelor-Studiengang schweizweit durch ein viereinhalb bis fünf Jahre dauerndes Masterstudium ersetzt wird.

Mit dieser Forderung stossen die Pädagogischen Hochschulen bei der Aargauer Regierung auf wenig Gegenliebe. Der Regierungsrat wehre sich dezidiert gegen eine Masterausbildung für Lehrpersonen des Kindergartens und der Primarschule. Er werde sich in allen relevanten Gremien auf interkantonaler und nationaler Ebene für die Beibehaltung des Bachelorabschlusses für die Lehrpersonen dieser Stufen einsetzen. Dies erklärt die Regierung in der Beantwortung eines Postulates von Grossrätin Theres Lepori und Grossrat Jürg Bauer (beide CVP), das genau dieses Verhalten verlangt.

Nach Ansicht der Regierung ist die Verlängerung der Ausbildungszeit nicht ausschlaggebend, um den Anforderungen des Lehrerberufs gewachsen zu sein. Vielmehr seien attraktive Weiterbildungsmöglichkeiten notwendig, um als Lehrerin oder Lehrer professionell und kooperativ agieren zu können. Dabei verweist der Regierungsrat auf das bereits bestehende und bewährte Weiterbildungsangebot an der Pädagogischen Hochschule. In den ersten beiden Berufsjahren werden die Junglehrerinnen und -lehrer zudem durch ein spezifisches Weiterbildungs- und Beratungsangebot in der Weiterentwicklung ihres professionellen Handelns unterstützt.
Deshalb sieht der Regierungsrat keinerlei Notwendigkeit, den bisherigen drei Jahre dauernden Bachelor-Studiengang durch ein viereinhalb bis fünf Jahre dauerndes Masterstudium zu ersetzen. Zumal gerade in einer Phase des Mangels an qualifizierten Lehrpersonen eine Verlängerung der Ausbildung kontraproduktiv wirken könnte.
Schliesslich wären die Kosten für das verlängerte Studium erheblich: Pro Absolvent wäre mit zusätzlichen Aufwendungen von 42 150 Franken zu rechnen. Viel Geld in Zeiten, in denen der Kanton 200 Millionen Franken in einem einzigen Jahr einsparen muss.

Assessments bewähren sich
Dass alle, die Lehrerin oder Lehrer werden wollen, vor Beginn des Studiums in einem Assessment auf ihre Tauglichkeit als Lehrperson getestet werden, erachtet der Regierungsrat hingegen als sinnvoll. In der Antwort auf einen weiteren Vorstoss von Theres Lepori, diesmal zum Thema Aufnahmeverfahren an der Pädagogischen Hochschule, erklärt die Regierung, dass der Bund vorschreibt, dass alle angehenden Lehrpersonen auf ihre grundsätzliche Berufseignung geprüft werden müssen. Bisher hatte die Pädagogische Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz die Klärung der Berufseignung im Rahmen des ersten Praktikums durchgeführt. Diese Regelung hat sich aber nicht bewährt. Denn die Selektionswirkung war äusserst gering und der Aufwand sehr gross, zudem war die Vergleichbarkeit zwischen den Studierenden kaum gegeben. Die Praktika, die eigentlich dem Lernen der Studierenden dienen sollten, wurden zudem mit einer schwierigen Selektionsaufgabe belastet.

Schliesslich verweist die Regierung auch auf ein berufsethisches Argument: Es sollten nur noch jene Studierenden Kinder unterrichten, welche die Berufseignung bereits nachgewiesen haben. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigten, dass mit Assessments vor Studienbeginn die Studienqualität erhöht wird. Durch das Assessment-Verfahren wird der Zeitpunkt der Abklärung der Berufseignung vorverlegt. Das bedeutet, dass die Personen, die zur Ausbildung zugelassen sind, den Anforderungen des Lehrerberufs grundsätzlich gewachsen sind.

Zu wenig Schweizer Dozenten?
Auch Grossrat Uriel Seibert (EVP) hat sich näher mit der Pädagogischen Hochschule befasst. Ihm ist aufgefallen, dass in den letzten Jahren mehrere Stellen für Dozierende und wissenschaftliche Mitarbeitende an Fachpersonen aus dem Ausland vergeben wurden, und er wollte wissen, warum das so ist.

In der Beantwortung der entsprechenden Interpellation erklärt der Regierungsrat, dass, wer Dozent an der Pädagogischen Hochschule werden will, eine dreifache Qualifikation vorweisen muss: ein Lehrdiplom der Zielstufe, eine wissenschaftliche Qualifikation im entsprechenden Fach oder in Erziehungswissenschaft sowie hochschuldidaktische Kompetenz.

Diese verlangte Dreifachqualifikation macht aber die Besetzung von Dozentenstellen besonders anspruchsvoll, gibt es doch in der Schweiz bisher nur wenige Personen, die über die verlangten Qualitäten verfügen. Eine direkte Folge davon ist, dass in der Schweiz deshalb ein Mangel bestand und Fachpersonen aus dem Ausland rekrutiert werden mussten.

Der Regierungsrat ist aber der Ansicht, dass eine Ausgewogenheit herrschen müsse. Es brauche in den Teams der Lehrenden an der Pädagogischen Hochschule genügend Dozierende, die ihr Lehrdiplom in der Schweiz erworben haben und die hiesigen Verhältnisse aus eigener Erfahrung kennen. Zurzeit liegt der Anteil von Mitarbeitenden mit ausländischer Herkunft bei 19 Prozent.

Künftig sollen die hiesigen pädagogische Hochschulen den eigenen akademischen Nachwuchs ausbilden können. Im Rahmen dieser vom Bund vorgegebenen und unterstützten Zielsetzung haben die Universität Basel und die Pädagogische Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz gemeinsam das Institut für Bildungswissenschaften gegründet. An diesem Institut können Studierende und ausgebildete Lehrpersonen die für die Tätigkeit als Dozierende erforderlichen wissenschaftlichen Qualifikationen erwerben. Aber es werde einige Jahre dauern, bis die Wirkung dieser neuen Laufbahnmöglichkeit vollumfänglich eintritt und vermehrt Nachwuchs auf diesem Weg rekrutierte werden könne, relativiert der Regierungsrat.


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