Der Aargauer
Regierungsrat lehnt den Masterabschluss für Kindergarten- und Primarlehrer ab.
Nach seiner Ansicht ist eine Verlängerung der Ausbildungszeit nicht
ausschlaggebend, um den Anforderungen des Lehrerberufs gewachsen zu sein.
Vielmehr bräuchten die Lehrer attraktive Weiterbildungsmöglichkeiten.
Masterabschluss für Kindergarten- und Primarlehrer? Pro Student 42'150 Franken teurer
Bisher dauert die Ausbildung für Lehrpersonen an
der Kindergarten- und Primarschule in der Regel drei Jahre und endet mit einem
Abschluss auf Bachelorstufe. Doch das soll sich nun ändern. Zumindest, wenn es
nach den Rektoren der Pädagogischen Hochschulen geht. Denn die verlangen in
einem Strategiepapier, dass der bisherige Bachelor-Studiengang schweizweit
durch ein viereinhalb bis fünf Jahre dauerndes Masterstudium ersetzt wird.
Mit dieser Forderung stossen die Pädagogischen
Hochschulen bei der Aargauer Regierung auf wenig Gegenliebe. Der Regierungsrat
wehre sich dezidiert gegen eine Masterausbildung für Lehrpersonen des
Kindergartens und der Primarschule. Er werde sich in allen relevanten Gremien
auf interkantonaler und nationaler Ebene für die Beibehaltung des
Bachelorabschlusses für die Lehrpersonen dieser Stufen einsetzen. Dies erklärt
die Regierung in der Beantwortung eines Postulates von Grossrätin Theres Lepori
und Grossrat Jürg Bauer (beide CVP), das genau dieses Verhalten verlangt.
Nach Ansicht der Regierung ist die Verlängerung der
Ausbildungszeit nicht ausschlaggebend, um den Anforderungen des Lehrerberufs
gewachsen zu sein. Vielmehr seien attraktive Weiterbildungsmöglichkeiten
notwendig, um als Lehrerin oder Lehrer professionell und kooperativ agieren zu
können. Dabei verweist der Regierungsrat auf das bereits bestehende und
bewährte Weiterbildungsangebot an der Pädagogischen Hochschule. In den ersten
beiden Berufsjahren werden die Junglehrerinnen und -lehrer zudem durch ein
spezifisches Weiterbildungs- und Beratungsangebot in der Weiterentwicklung
ihres professionellen Handelns unterstützt.
Deshalb sieht der Regierungsrat keinerlei
Notwendigkeit, den bisherigen drei Jahre dauernden Bachelor-Studiengang durch
ein viereinhalb bis fünf Jahre dauerndes Masterstudium zu ersetzen. Zumal
gerade in einer Phase des Mangels an qualifizierten Lehrpersonen eine
Verlängerung der Ausbildung kontraproduktiv wirken könnte.
Schliesslich wären die Kosten für das verlängerte
Studium erheblich: Pro Absolvent wäre mit zusätzlichen Aufwendungen von
42 150 Franken zu rechnen. Viel Geld in Zeiten, in denen der Kanton 200
Millionen Franken in einem einzigen Jahr einsparen muss.
Assessments bewähren sich
Dass alle, die Lehrerin oder Lehrer werden wollen,
vor Beginn des Studiums in einem Assessment auf ihre Tauglichkeit als
Lehrperson getestet werden, erachtet der Regierungsrat hingegen als sinnvoll.
In der Antwort auf einen weiteren Vorstoss von Theres Lepori, diesmal zum Thema
Aufnahmeverfahren an der Pädagogischen Hochschule, erklärt die Regierung, dass
der Bund vorschreibt, dass alle angehenden Lehrpersonen auf ihre grundsätzliche
Berufseignung geprüft werden müssen. Bisher hatte die Pädagogische Hochschule
der Fachhochschule Nordwestschweiz die Klärung der Berufseignung im Rahmen des
ersten Praktikums durchgeführt. Diese Regelung hat sich aber nicht bewährt.
Denn die Selektionswirkung war äusserst gering und der Aufwand sehr gross,
zudem war die Vergleichbarkeit zwischen den Studierenden kaum gegeben. Die
Praktika, die eigentlich dem Lernen der Studierenden dienen sollten, wurden
zudem mit einer schwierigen Selektionsaufgabe belastet.
Schliesslich verweist die Regierung auch auf ein
berufsethisches Argument: Es sollten nur noch jene Studierenden Kinder
unterrichten, welche die Berufseignung bereits nachgewiesen haben. Erfahrungen
aus anderen Ländern zeigten, dass mit Assessments vor Studienbeginn die
Studienqualität erhöht wird. Durch das Assessment-Verfahren wird der Zeitpunkt
der Abklärung der Berufseignung vorverlegt. Das bedeutet, dass die Personen,
die zur Ausbildung zugelassen sind, den Anforderungen des Lehrerberufs
grundsätzlich gewachsen sind.
Zu wenig Schweizer
Dozenten?
Auch Grossrat Uriel Seibert (EVP) hat sich näher
mit der Pädagogischen Hochschule befasst. Ihm ist aufgefallen, dass in den
letzten Jahren mehrere Stellen für Dozierende und wissenschaftliche
Mitarbeitende an Fachpersonen aus dem Ausland vergeben wurden, und er wollte
wissen, warum das so ist.
In der Beantwortung der entsprechenden
Interpellation erklärt der Regierungsrat, dass, wer Dozent an der Pädagogischen
Hochschule werden will, eine dreifache Qualifikation vorweisen muss: ein
Lehrdiplom der Zielstufe, eine wissenschaftliche Qualifikation im
entsprechenden Fach oder in Erziehungswissenschaft sowie hochschuldidaktische
Kompetenz.
Diese verlangte Dreifachqualifikation macht aber
die Besetzung von Dozentenstellen besonders anspruchsvoll, gibt es doch in der
Schweiz bisher nur wenige Personen, die über die verlangten Qualitäten
verfügen. Eine direkte Folge davon ist, dass in der Schweiz deshalb ein Mangel
bestand und Fachpersonen aus dem Ausland rekrutiert werden mussten.
Der Regierungsrat ist aber der Ansicht, dass eine
Ausgewogenheit herrschen müsse. Es brauche in den Teams der Lehrenden an der
Pädagogischen Hochschule genügend Dozierende, die ihr Lehrdiplom in der Schweiz
erworben haben und die hiesigen Verhältnisse aus eigener Erfahrung kennen.
Zurzeit liegt der Anteil von Mitarbeitenden mit ausländischer Herkunft bei 19
Prozent.
Künftig sollen die hiesigen pädagogische
Hochschulen den eigenen akademischen Nachwuchs ausbilden können. Im Rahmen
dieser vom Bund vorgegebenen und unterstützten Zielsetzung haben die
Universität Basel und die Pädagogische Hochschule der Fachhochschule
Nordwestschweiz gemeinsam das Institut für Bildungswissenschaften gegründet. An
diesem Institut können Studierende und ausgebildete Lehrpersonen die für die
Tätigkeit als Dozierende erforderlichen wissenschaftlichen Qualifikationen
erwerben. Aber es werde einige Jahre dauern, bis die Wirkung dieser neuen
Laufbahnmöglichkeit vollumfänglich eintritt und vermehrt Nachwuchs auf diesem
Weg rekrutierte werden könne, relativiert der Regierungsrat.
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