Schule war schon immer Abbild der jeweiligen
Gesellschaft. Humboldt verlieh ihr eine humanistische Prägung, im
Totalitarismus des letzten Jahrhunderts war sie autoritär, die 68er machten sie
antiautoritär, mit dem Eintritt der Frau in den Arbeitsmarkt wurde sie
femininer und durch den aktuellen Neoliberalismus wandelt sie sich zum
Marktplatz für privatwirtschaftliche Geschäftsmodelle.
Schulreformen als Mittel zum Zweck, Basellandschaftliche Zeitung, 14.8. Gastkommentar von Felix Hoffmann
Den Startschuss dafür gibt die Weltbank. Sie
fordert eine Erziehung nach ökonomischer Vorgabe mittels im Sinne von
Industrienormen vereinheitlichter Prüfungsstandards und der regelmässigen
Messung der Prüfungsresultate zur Sicherung der Standards. Der PISA-Test als
hierfür wichtigstes Werkzeug ist folglich kein Produkt demokratisch
legitimierter Erziehungsdirektionen, sondern eines der Organisation für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).
Im Sinne betriebswirtschaftlicher Kennzahlen, wie
Umsatz und Gewinn, muss auch das in der Schule zu Messende zählbar sein. In der
Folge werden Wissen und humanistische Werte wie etwa eigenständiges Denken oder
Solidarität durch zählbare Kompetenzen ersetzt.
Aufgrund des von der Schuladministration
umgesetzten Paradigmenwechsels entsteht die Testindustrie, die regelmässig
Prüfverfahren absetzt; entwickelt die Bildungswissenschaft neue Lehrmethoden;
veräussert die Verlagsindustrie darauf basierend alljährlich neue, ökologisch
bedenkliche, aber Umsatz steigernde Einweglehrmittel; verkauft die
Weiterbildungsindustrie ihre überlangen Fortbildungskurse.
Die öffentliche Schule als Abnehmerin der
privatwirtschaftlichen Produkte bildet dabei die Grundlage eines äusserst
lukrativen Handels. Dieser wird über wiederkehrende Sparübungen und
Steuergelder finanziert, die dann den Lernenden aber auch anderswo fehlen.
Der Wandel der Schule geschieht grösstenteils von der Öffentlichkeit unbemerkt.
Die Politik hat wenig Interesse, über die
Zusammenhänge und Folgen des Paradigmenwechsels aufzuklären. Sie zieht es vor,
die Notwendigkeit von Reformen zu betonen, um sich über solche zu profilieren
zwecks Sicherung der Wiederwahl. Wie haarsträubend Reformen sein können, wird
insbesondere von der linken Führungsspitze beharrlich negiert.
Das Fremdsprachenkonzept PassePartout
beispielsweise täuscht vor, den als Sprachbad bezeichneten Aufenthalt in einem
Fremdsprachengebiet auf wöchentlich zwei Lektionen übertragen zu können. Die
Beschäftigung mit Grammatik und systematischer Wortschatzaufbau sind dabei
verpönt.
Ausgerechnet die Linke, die sich ansonsten
konsequent und glaubwürdig für die Schwachen unserer Gesellschaft einsetzt,
lässt die Schülerschaft gegenüber den Kapitalinteressen der Reformindustrie im
Regen stehen. Schlimmer noch, sie bekämpft Reform kritische Organisationen, und
dies ohne substanzielle Argumente.
Es ist zu hoffen, dass sie ihre traditionellen
Werte im Schulbereich wiederentdeckt und den Lehrer- und Lehrerinnenverein Baselland
bzw. die Starke Schule beider Basel zugunsten unseres Nachwuchses künftig
unterstützt. Mit vereinten Kräften liessen sich die privatwirtschaftlichen
Vampire zugunsten der öffentlichen Schule wieder bändigen. Das Stimmvolk würde
es der Linken bestimmt danken.
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