Erziehungsdirektor Bernhard Pulver (Grüne) tritt vor der
Einführung des Lehrplans 21 zurück. Bei den Lehrern ist man trotzdem
zuversichtlich, dass die Reform gut über die Bühne geht. Sie stellen aber auch
Forderungen.
Pulver-Rücktritt: Lehrer fordern Kontinuität, Berner Zeitung, 17.8. von Marius Aschwanden
Es ist wohl sein
grösster Erfolg während der drei Amtszeiten: Der grüne Erziehungsdirektor Bernhard Pulver hat es geschafft, die
Lehrerinnen und Lehrer wieder hinter sich zu scharen, indem er das Reformtempo
gedrosselt und Ruhe in die Klassenzimmer gebracht hat. Nun aber steht 2018 eine
der grössten Änderungen der letzten Jahre an: die Einführung des Lehrplans 21.
Und ausgerechnet auf nächsten Sommer hin wird Pulver aus der Berner Regierung
zurücktreten. Am
Dienstag hat er angekündigt, bei den Regierungsratswahlen 2018
nicht mehr zur Verfügung zu stehen.
Bei den Berner
Lehrerinnen und Lehrern ist man trotzdem überzeugt, dass die Einführung des
neuen Regelwerks gut vonstattengehen wird. «Die Richtung ist eingeschlagen, der
Zeitplan definiert», sagt Pino Mangiarratti, Präsident von Bildung Bern. Daran
ändere auch der Rücktritt von Pulver nichts.
Nicht
zu viele Änderungen
Trotzdem ist für
Mangiarratti klar: «Wir haben zum vorliegenden Lehrplanpaket Ja gesagt. Sollten
unter einem neuen Regierungsrat zu viele Änderungen vorgenommen werden, müssen
wir wieder über die Bücher», sagt er. Diese Befürchtung kommt nicht von
ungefähr. Bereits im Herbst diskutiert der Grosse Rat im Rahmen des Sparpakets
über eine Lektionenkürzung. Dies notabene noch unter Pulver.
Wichtig ist für
Mangiarratti zudem, dass den Schulen auch künftig genug Zeit bei der Umsetzung
von Reformen gelassen werde. So dürfe etwa am Zeitplan für die Einführung des
Lehrplans 21 nicht gerüttelt werden. Die Schulen haben bis 2022 Zeit, diesen
komplett umzusetzen. «Diese Zeit benötigen wir zwingend», sagt Mangiarratti. Er
hofft schliesslich auch, dass der enge Dialog zwischen Verwaltung und Bildung
Bern unter einem neuen Regierungsrat weitergeht.
Ein solcher sei
notwendig, damit die Lehrer Vertrauen in die Erziehungsdirektion und die
Politik hätten. Diesbezüglich ging Pulver sehr weit. Er veranstaltete
regelmässige Hearings mit Lehrpersonen und führte einen Onlineaustausch ein. Ob
sich auch sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin derart stark engagieren wird,
ist fraglich. Das weiss auch Mangiarratti: «Aber es wäre unser Wunsch.»
Gegner
profitieren nicht
Der Lehrplan 21 ist im
Kanton Bern nicht unumstritten. Über eine Initiative gegen das neue Regelwerk
wird am 4. März 2018 abgestimmt. Mit dem Begehren will die
Interessengemeinschaft für eine starke Volksschule das Gesetz so ändern, dass
nicht mehr der Erziehungsdirektor über die Einführung eines Lehrplans bestimmen
kann, sondern der Grosse Rat. Ein solcher Beschluss würde dann dem fakultativen
Referendum unterliegen. Diese Regelung soll rückwirkend auch bereits für den
Lehrplan 21 gelten.
Dass die Lehrplangegner
vom Rücktritt Pulvers profitieren könnten, glauben sie nicht. «Da die
Abstimmung am 4. März 2018 stattfindet, wird er im Abstimmungskampf noch aktiv
sein», sagt Rahel Gafner, Mitglied des Initiativkomitees. Sie bedauert sogar
ein wenig, dass Pulver nicht mehr antritt. Dies, obschon er zu den
vehementesten Verfechtern des Lehrplans 21 gehört. Gafner: «Pulver hat
verschiedenste Versprechen im Zusammenhang mit dem Lehrplan 21 gemacht – etwa,
dass im Kanton Bern keine flächendeckenden Tests eingeführt werden.» Jetzt
könne er den Beweis nicht mehr erbringen, dass er diese auch eingehalten
hätte.
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