18. Dezember 2017

Hoffnungsschimmer

Im Moment fliegen Gemeinderat Cédric Némitz die Sympathien nur so zu. Der kulturkonservative Ü60-Club liebt ihn ob seines Einsatzes für das üppig subventionierte Tobs. Der Mittelstand in Beaumont schätzt es, wenn ihm mit der Fibi eine staatlich subventionierte Privatschule geboten wird, und die Hardcore-Linke ist froh, dass es mit der Auslagerung der städtischen Altersheime nicht geklappt hat. Ja, und nun reiht sich auch der Schreiber dieser Zeilen in den Chor dieses bunten Fanclubs ein. Und das ganz ohne Ironie – versprochen! Als Cédric Némitz die Nachfolge seines glücklosen Parteikollegen Pierre-Yves Moeschler antrat, lag in der Bieler Schullandschaft einiges im Argen. Zusammen mit seinem damaligen Vorsteher des Schulamtes, dem hochintelligenten Peter Walther, sorgte Moeschler für eine Sitzungskakophonie und Konzeptionitis in den Bieler Schulen, die es in sich hatte. Die Romands konnten nur noch mit einem Supervisor bei Stange gehalten werden und die Eigeninitiative der Schulen drohte in einem Wulst von Regulierungsbemühungen völlig zu erstarren.
Ein kluger Entscheid, Bieler Tagblatt, 18.12. von Alain Pichard




Cédric Némitz hatte dies bei Amtsantritt alles sehr schnell erkannt. Mit wenigen, aber effektiven Massnahmen brachte er die Bieler Schulen wieder auf Kurs. Am Anfang stand ein wichtiger Personalentscheid. Er trennte sich von Peter Walther und stellte stattdessen Reto Meyer als neuen Amtsvorsteher an. Und dieser Reto Meyer erwies sich als ein Glückstreffer für die Bieler Schulen. Seine coole Art kommt gut an. Die beiden harmonieren prächtig. Die Zahl der Sitzungen wurde zurückgeschraubt, die Konzeptschublade entschlackt, den Schulen wieder mehr Eigeninitiative zugestanden. Die jungen Sport- und Kulturtalente wurden nicht mehr nur im Zentrum unterrichtet, sondern auch auf ein Aussenquartier verteilt, was die ungleiche soziale Verteilung der Schüler etwas linderte. Sogar die Schulraumplanung klappte wieder. Meyers Vertrauen in die Schulleitungen wird ihm mit Innovation zurückbezahlt. Die Oberstufenzentren arbeiten auch ohne strukturellen Druck so gut zusammen wie noch nie. Die Lehrkräfte der Brennpunktschule Mett-Bözingen haben in einer Retraite einen regelrechten Kulturwandel beschlossen und konsequent umgesetzt. Späterer Schulbeginn, Abschalten der Pausenglocken, Einführung von Mischklassen, anspruchsvolle Leseprojekte und vieles mehr führten dazu, dass diese Schule heute als Modellschule mit nationaler Ausstrahlung gilt. Als Erziehungsdirektor Bernhard Pulver sie im Mai besuchte, war er begeistert. Und auch ich habe meine ersten zarten Schritte wieder auf Bieler Boden gemacht. Seit Schulbeginn unterrichte ich vier Lektionen in dieser Schule, in welcher meine Berufskarriere vor 40 Jahren begonnen hatte. Ich traf dort neben einigen älteren Kollegen vor allem auf viele jüngere Lehrkräfte, die eine verschworene Truppe bilden und Freude an ihrem Beruf haben. Eine Folge der pädagogischen Freiheit, die man diesem Kollegium gewährte. Das sind gute Nachrichten für Biel, von denen leider viel zu wenige Kenntnis nehmen. Und das ist auch ein Verdienst des Duos Némitz und Meyer.

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